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Geschichte der Gemeinde

Aus der Geschichte der Waldensergemeinde
Rohrbach-Wembach-Hahn

Im Folgenden mögen ein paar Daten aus Geschichte und Gegenwart einen ersten und gewiss begrenzten Eindruck unserer Gemeinde vermitteln. Nach alter Überlieferung gilt der 24. Juni 1699 als Datum der Einwanderung der Waldenser (gemäß den Schiffslisten sowie der niederländischen Unterstützungsliste war es Frühjahr/Sommer 1699). Eine lange Reise lag hinter ihnen. Sie kamen aus den Kottischen Alpen. Das Tal Pragela war ihre Heimat. Pragela (ital. Pragelato) war gleichzeitig der Name der größten Gemeinde des Tals, zu der etliche kleine Orte und Weiler gehörten. Val Pragela (Tal Pragela) kann mit "Tal der Eisfelder" übersetzt werden, was einen Hinweis auf die Gestalt jener zauberhaften Landschaft inmitten der Alpen gibt. Ihr reformierter Glaube war den Waldensern im französischen Tal Pragela am 7. Mai 1685 durch Ludwig XIV. verboten worden. Nach manchem politischen Hin und Her waren im Jahr 1698 die Waldenser schließlich vor die Wahl gestellt worden, ihrem Glauben abzusagen oder binnen zweier Monate Piemont zu verlassen. Sie entschieden sich um des Glaubens willen für den Aufbruch in ein unbekanntes Land. Insgesamt 3.000 Waldenser, geführt von sieben Pfarrern, begaben sich auf die große strapaziöse Reise. Ihr Weg führte sie zunächst in die Schweiz, wo sie überwinterten und dann weiter in deutsche Lande, wo sich dank der tatkräftigen Hilfe von Pieter Valkenier, dem niederländischen Gesandten in der Schweiz und Sonderbeauftragten für die Niederlassung der Waldenser in Deutschland Türen zu einem neuen Lebensraum auftaten. Nach Verhandlung mit Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt eröffnete sich für einen Teil der aus Pragelato stammenden Waldenser die Möglichkeit einer Ansiedlung im vorderen Odenwald. Der Überlieferung nach wurde von dort die Einweisung in die drei landgräflichen Gutshöfe vollzogen. 25 Familien mit 125 Personen kamen nach Rohrbach; 23 Familien mit 115 Personen nach Wembach und Hahn. Als erster Pfarrer der Kolonie amtierte der Waldenserpastor Jacob Moutoux aus Traverses-en-Pragelas. Entsprechend der damaligen allgemeinen Pfarrerbezeichnung nannte er sich "Ministre du saint Evangile" (Diener am heiligen Evangelium). Als er sich am 17. Dezember 1738 aus dieser Welt verabschiedete, übernahm sein Sohn David Moutoux den pastoralen Dienst. Der augenblicklich amtierende Pfarrer ist der 19. in der Reihe der Prediger seit Gründung der Gemeinde. Bei der Besetzung der Pfarrstelle hat bis heute die Gemeinde, vertreten durch das Konsistorium, das freie Wahlrecht. Neben eigenen Pfarrern hatte die Kolonie auch eigene Lehrer sowie eigene Bürgermeister und somit eine eigenständige Verwaltung. Ab 1866 wurde die Verwaltung geteilt: Ein Bürgermeister war fortan für Rohrbach zuständig, ein weiterer für Wembach und Hahn. 1972 schloss Rohrbach sich dem benachbarten Ober-Ramstadt als "Stadtteil" an, 1976 auch Wembach und Hahn. Eine alte Tradition hat sich bei der Feier des heiligen Abendmahls erhalten. Die Abendmahlsfeier wird von Mitgliedern des Konsistoriums (Kirchenvorstand) unter Gebet in einem Privathaus vorbereitet. Während die in der Kirche versammelte Gemeinde bereits das erste Lied singt, werden die Abendmahlsgeräte sowie Brot und Wein hereingetragen und auf dem Abendmahlstisch abgestellt. Diese Sitte soll noch aus den Tagen der Verfolgungszeit stammen. Begründet wird sie damit, dass es ihnen verboten war, das Abendmahl auszuteilen und sie durch das nachträgliche Hereintragen die Gelegenheit hatten festzustellen, ob sie unter sich waren und nicht ausspioniert wurden. Jeweils zwei Abendmahlgäste treten gemeinsam an den Tisch des Herrn, empfangen ein Stück gebrochenen Brotes und sodann, jeder für sich, einen Kelch, den sie nach dem Empfang den beiden dem Pfarrer assistierenden Akoluthen zurückreichen, um schließlich mit einem Segenswort entlassen zu werden.

Dieser Bericht wurde von Pfarrer D. Mertens verfasst und in der Zeitschrift "Der Deutsche Waldenser" veröffentlicht.

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